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"Dafür gebührt der Stuttgarter Polizei und der Landesregierung ein Stefan-Mappus-Verdienstorden für notorische Bösartigkeit."

Rede von Dr. Winfried Wolf, Verkehrsexperte, Journalist, Herausgeber von ‚Lunapark21‘, auf der 350. Montagsdemo am 12.12.2016

Liebe Freundinnen und Freunde der Bewegung gegen Stuttgart 21,

vorgestern, am 10. Dezember, verabschiedeten wir am Berliner Hauptbahnhof den letzten Nachtzug, der von Berlin in die Schweiz fuhr. Es war eine kleine Demo mit rund 100 Leuten und einer wunderbaren Samba-Trommler-Truppe. Als Gast oder auch als eine Art Zaungast mit dabei: Sandra Maischberger. Sie hatte zuvor in der „Berliner Zeitung“ erklärt: „Seit meiner Jugend reise ich regelmäßig mit dem Nachtzug […] quer durch Europa. […] Angesichts der Auslastung ist es mir schleierhaft, warum die DB diese Züge nicht wirtschaftlich betreiben kann.“

Umstieg21 Logo WebAm Rande der Demo fragte mich Frau Maischberger, wie es denn in Stuttgart mit Stuttgart 21 weitergehe. Ich sagte: „Stuttgart 21 wird nie fertiggebaut“. Was dann daraus würde, so ihre Frage. „Eine Investitionsruine oder ein kreativer Umbau.“ So meine Antwort, wobei ich auf das ausgezeichnete neue Programm „Umstieg 21“ verwies und sagte, das Spannende sei auch, dass wir in Stuttgart „nicht nur Nein-Sager“ seien. Jetzt aktuell, mit der kommenden 350. Montagsdemo und der Aufsichtsratssitzung am 14. Dezember sei eine entscheidende Situation gegeben.

In meiner Montagsdemo-Rede am 16. Juli sprach ich bereits über die „fünf Krisen des Projekts Stuttgart 21“. Damals sagte ich bereits, dass die aktuelle Krise eine entscheidende sei. Und vor ein paar Minuten stellte mir und Volker Lösch ein Journalist des SWR die naheliegende Frage, ob das nicht eine „Krise wie so viele andere zuvor“ sei; ob es danach nicht irgendwie weitergehe mit S21 … bis zur 400. oder 450. Montagsdemo…. Und ich erklärte auch ihm, dass der Charakter dieser aktuellen Krise schon ein besonderer sei.
Und warum das so ist, möchte ich in dieser Rede nochmals genauer darlegen – hinsichtlich der Bundesebene und der Deutschen Bahn, hinsichtlich der Landesebene und dem Projekt im Allgemeinen und hinsichtlich des konkreten Projekts und dabei hinsichtlich des neuen KPMG-Gutachtens.

Rede von Manfred Niess, Klima- und Umweltbündnis Stuttgart (KUS), auf der 347. Montagsdemo am 21.11.2016 in Stuttgart

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Liebe K21-Mitstreiter,

mein Name ist Manfred Niess, ich bin Koordinator des Klima- und Umweltbündnis Stuttgart – kurz KUS – und seit 2005 Feinstaubkläger.

Wir vom Klima- und Umweltbündnis denken, was den Klimawandel angeht, global, wir handeln aber vorwiegend kommunal, regional und teilweise auch national.
Um den Klimawandel zu stoppen, braucht es – neben Energieeffizienz und Energieeinsparung – vor allem eine Energie- und Verkehrswende. KUS kämpft seit Beginn für einen Kopfbahnhof – aus verkehrlichen Gründen, weil wir einen Rückbau der Bahnverkehrsinfrastruktur nicht akzeptieren – und aus Umweltgründen: eine unterirdische Durchgangsstation, die das Dreifache an Energie braucht im Vergleich zu einem oberirdischen Kopfbahnhof, passt, angesichts des dramatischen Klimawandels nicht mehr ins 21. Jahrhundert.

Zur Erinnerung: Entgegen dem weltweiten Trend sind die C02-Emissionen in der Bundesrepublik 2015 gestiegen, auch im Verkehrsbereich!

Rede von Dr. Winfried Wolf auf der Großdemo am Samstag, den 16.7.2016.
Winfried Wolf ist Chefredakteur von Lunapark21, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von Attac, regelmäßiger Autor bei KONTEXT und verantwortlich für die neue Publikation FaktenCheck: EUROPA

Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
wenn wir uns heute hier ein weiteres Mal treffen und gegen das zerstörerische Großprojekt Stuttgart 21 zusammenstehen, und „raus aus der Grube“ und in Richtung „Zukunft in Stuttgart“ schreiten, dann sind wir nicht allein. Dann beobachten das viele im Inland, auch Freundinnen und Freunde im Ausland, die wir im Rahmen unseres langjährigen Engagements kennen und schätzen gelernt haben.

So unsere Mitstreiterinnen und Mitstreiter in Turin und im Val di Susa. In Turin wurde vor wenigen Tagen einigermaßen überraschend und zum Entsetzen des städtischen Establishments Chiara Appendino (von der Bewegung Cinque Stelle) als neue Bürgermeisterin gewählt – eine erklärte Gegnerin der Hochgeschwindigkeitsstrecke Turin – Lyon mit dem zerstörerischen, gigantischen Tunnel im Val di Susa. Ich hatte noch gestern Kontakt mit Vertretern dort vor Ort, darunter mit Martina Moog, die hier bereits auf einer Demo sprach. Die Freundinnen und Freunde in Turin und im Val di Susa lassen Euch grüßen; sie hoffen auf unseren Erfolg gegen S21, der ihren Kampf im Val di Susa, der ja auch bereits mehr als 20 Jahre andauert, beflügeln würde.

So unsere Freunde in Florenz. Gestern hatte ich noch einen Austausch mit Tiziano Cardosi, der mehrmals hier in Stuttgart sprach. Cardosi ist Sprecher der Bewegung gegen die Untertunnelung von Florenz. Er berichtete, dass man in Florenz zwar bisher eine Dreiviertelmilliarde Euro für das Tunnelprojekt ausgegeben, aber noch keinen Meter Tunnel gebaut habe – und dass seit einigen Wochen das Projekt so gut wie tot sei. Die Initiative „NO-TAV-Tunnel Firenze“ wird wohl bald eine nette Sieges-Festivität geben. Er wünscht dann, dass aus Stuttgart Gäste kommen und wir dann möglicherweise gemeinsam zwei Siege feiern können.

Rede von Dr. Carola Eckstein auf der 289. Montagsdemo am 21.9.2015.
Frau Eckstein ist Parkschützerin und Aktivposten der Bewegung gegen S 21

Liebe Freunde,
Im Bundestag wird der nächste Haushalt diskutiert. Und auch sonst wird gerade viel davon geredet, was wir, die Bundesrepublik Deutschland, uns leisten können. Eigentlich müsste es heißen: was wir uns leisten wollen. Oder können wir es uns tatsächlich nicht leisten, so viele Flüchtlinge aufzunehmen, wie beispielsweise der Libanon?

Und auch sonst entsteht bisweilen der Eindruck, dass wir doch in einem sehr armen Land leben müssen, weil wir uns wirklich wichtige und gute Dinge nicht leisten können; oder nicht leisten wollen…

Die Allianz pro Schiene und die Verkehrsberater SCI vergleichen regelmäßig, wie viel Geld verschiedene europäische Länder in den Schienenverkehr investieren. Wenig überraschend ist, dass die Schweiz mit 351 € pro Einwohner auch dieses Jahr wieder Spitzenreiter ist. Aber auch Österreich, Schweden, die Niederlande, Großbritannien, Italien und Frankreich investieren pro Kopf mehr Geld in die Schiene als dies in Deutschland der Fall ist. Von den betrachteten Ländern investiert überhaupt nur Spanien weniger Geld in sein Schienennetz als Deutschland. Den Spaniern würde man vermutlich abnehmen, dass sie sich angesichts der verordneten Sparzwänge nicht mehrleisten können.

Deutschland leistet sich mit 49 € pro Kopf nicht einmal ein Siebtel dessen, was die Schweiz pro Jahr und Einwohner in Netzausbau und Schienenverkehr investiert. Mehr will man hierzulande für Schienenverkehr nicht ausgeben – für den Ausbau von Straßen ist seit Jahren deutlich mehr Geld da. Wir könnten mehr Geld in Schienen investieren; also stellt sich die Frage, was wir wollen. Immer wieder verkünden unsere Politiker, dass Klimaschutz und CO2-Reduktion wichtige Ziele seien – man könnte meinen, dass wir dafür Geld ausgeben wollen.

Wie diese Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen wären, zeigen die Eisenbahnverbände CER und UIC in ihrer jüngst veröffentlichten Studie „Rail Transport and Environment“
(http://www.uic.org/ MG/pdf/facts_and_figures_2014_vl.0-2.pdf): Der Schienenverkehr produziert weit weniger CO2 als der Straßen- und Flugverkehr (3-10 mal weniger). Und die Bahn braucht deutlich weniger Energie, um Personen und Güter zu transportieren (Auf die europäischen Bahnen entfallen nur 2% des gesamten europäischen Transportenergieverbrauchs, obwohl sie 8,5% der gesamten Transportleistung erbringen.)

Obendrein ist auch der Flächenbedarf der Schiene pro Personen-km weitaus geringer als der des Straßenverkehrs – in engen Ballungsräumen wie Stuttgart sollte geringer Flächenverbrauch ein gewichtiges Argument sein. Alles in allem ist die Schiene einer der effizientesten Verkehrsträger und verursacht wesentlich weniger CO2-Emissionen als Straße oder Flugzeug.

Konkret stellt die Studie fest: Würde der Marktanteil der Bahnen wie im Weißbuch 2011 geplant ansteigen, könnten die CO2-Emissionen in der EU schätzungsweise um 238 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert werden. Das sind 19% der 2010 auf den Verkehr zurückzuführenden Emissionen in der EU – nicht nur die Schweiz, auch EU-Länder wie Italien, Österreich und Schweden ziehen die Konsequenz und investieren in den Ausbau ihrer Schieneninfrastruktur; Deutschland aber investiert in Tunnel-Projekte, die den Energieverbrauch und die CO2-Bilanz des Schienenverkehrs substantiell verschlechtern.

Dabei weiß auch das Bundesministerium für Verkehr es eigentlich besser. Vor einigen Tagen hat das Ministerium eine Machbarkeitsstudie zum Deutschland-Takt vorgelegt (http://www.deutschlandtakt.de/deutschlandtakt/index.php?option=com_content&task=view&id=22): Der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann resümiert: „Die Bahn kann das Verkehrsmittel des 21. Jahr-hunderts werden. Schnelle Verbindungen mit reibungslosem Umsteigen zwischen Fern- und Nahverkehr machen Bahnfahren attraktiv.“

Um diese Attraktivität zu erreichen und gleichzeitig Kapazität für energieeffiziente Gütertrassen zu schaffen, müssen passgenau an den richtigen Stellen Fahrzeiten verkürzt und Engpässe beseitigt werden, so das Ergebnis. Schön, dass das Ministerium diese Strecken und Engpässe im Bundesverkehrswegeplan berücksichtigen will; schade, dass so nutzlose Projekte wie der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm weiter oben auf der Liste stehen. Und dumm, dass die Bundesregierung trotzdem daran festhält, den Bahnknoten Stuttgart auf 8 Gleise zu reduzieren und Stuttgart damit als Takt-Knoten für den Deutschland-Takt unbrauchbar zu machen (dafür sind 14 Bahnsteiggleise notwendig).
Fazit: Die offiziell verkündeten Ziele wären durchaus gut, die tatsächlich getätigten Investitionen passen aber leider gar nicht zu diesen Zielen. Am 16. November im Lenkungskreis und am 16. Dezember bei der Aufsichtsratssitzung der Bahn könnte der Fehlinvestition S21 ein Ende gesetzt werden.

Oben bleiben!

Alternativer Geschäftsbericht DB AG 2014
Rede von Monika Lege bei der 265. Montagsdemonstration gegen S 21 am 23.3.2015

Monika Lege ist Verkehrsexpertin bei Robin Wood und Mit-Autorin des „Alternativen Geschäftsberichts der DB AG“

Karikatur s 21 kostenexplosion

Am vergangenen Donnerstag hat Rüdiger Grube die Bilanz der Deutschen Bahn AG für das Geschäftsjahr 2014 vorgelegt. Es ist die 21. Bilanz seit der Umwandlung von Bundesbahn und Reichsbahn in die privatrechtlich organisierte Deutsche Bahn AG.
Ich spreche hier für das Bündnis Bahn für Alle und die Umweltschutzorganisation Robin Wood. Bahn für Alle hat in diesem Jahr den 8. Alternativen Geschäftsbericht der DB AG produziert. Bernhard Knierim, Winfried Wolf und ich dröseln Jahr für Jahr die angeblichen Gewinne des zu 100 Prozent in Bundesbesitz befindlichen Unternehmens auf und speisen sie in die Berichterstattung über die angeblichen Erfolge des Unternehmens Deutsche Bahn AG ein.
Dies Jahr schlug Winnie vor, wir müssten eigentlich von der Deutschen Nicht-Bahn sprechen.
Warum?
Es herrscht ein krasses Ungleichgewicht zwischen den Unternehmensteilen, aus denen die DB AG ganz überwiegend ihren Gewinn zieht, und den Unternehmensteilen, in denen die DB AG ihren Hauptumsatz macht.

Im Geschäftsjahr 2014 machte die Deutsche Bahn AG mehr als als die Hälfte ihres Außenumsatzes NICHT auf der Schiene, sondern mit LKW und Luftfracht als Schenker Logistics sowie mit Bussen. Die Busse fahren in 14 europäischen Ländern unter dem Logo des größten Shoppaholic-Hang-Overs in der Geschichte der DB AG, der Arriva. Grube hatte das britische Unternehmen 2010 für fast 3 Milliarden Euro aufgekauft. Schenker Logistics und Arriva machten 2014 zusammen 19,4 Milliarden Euro Umsatz.

Das übersteigt die Außenumsätze im Schienenverkehr in Höhe von 18,7 Milliarden Euro aus den Unternehmensteilen DB Netze Fahrweg und Personenbahnhöfe, DB Bahn (sic!) Fernverkehr und Regio, DB Schenker Rail.
Rüdiger Grube trat 2009 die Nachfolge von Hartmut Mehdorn an. Der musste wegen großflächiger Bespitzelung von MitarbeiterInnen und verdeckter PR gegen streikende Lokführer Privatisierungsgegner gehen. In von der DB gekauften Blogs und Kommentaren auf unserer Homepage legten dann „Rainer“, „Susi“, „Andrea“ usw. dar, warum die Bahn verkauft werden soll.

Mehdorn bekam den goldenen Handschlag und Rüdiger Grube versprach: „Meine wichtigste Aufgabe ist es, das Brot-und Buttergeschäft der Bahn wieder in Ordnung zu bringen.“
Rüdiger Grube hat erst mit Arriva Mehdorns internationalen Expansionskurs noch getoppt und nun erstmals die Schiene zum Nebenerwerbsbetrieb der DB AG erklärt. Deswegen haben Aktive von Bahn für Alle und Robin Wood letzten Donnerstag Butterstullen an die von der DB zur Bilanzpressekonferenz geladenen Journalist_innen verteilt.

Bei den Gewinnen sieht es vollkommen anders aus als beim Umsatz. 1,645 Milliarden Euro Gewinn zieht die DB AG 2014 nur aus den Netzen und dem Nahverkehr (ohne Fernverkehr, +212 Millionen Euro). Das ist fast das Dreifache der Gewinne aus all den Bussen, Lastern und Flugzeugen von Arriva und Schenker (597 Millionen Euro)!
Nun sind die Gewinne aus den Netzen und dem Nahverkehr aber gar keine Gewinne. Sie sind zu einem großen Teil umetikettierte öffentliche Mittel für Infrastruktur und Nahverkehr. Der Bund zahlt Milliardenbeträge für Instandhaltung und Ausbau des Netzes. Der Nahverkehr wird von den Ländern bestellt und sie erhalten dafür Regionalisierungsmittel vom Bund.

Nahverkehrsbetreiber ziehen ihre Einnahmen nicht aus besonders vielen verkauften Fahrscheinen sondern aus ihren Verträgen mit den Bestellern, also den Ländern.
Die Berichterstattung über die insgesamt eher bescheidene Bilanz der Deutschen Bahn AG wurde in diesem Jahr überstrahlt von der „größten Kundenoffensive in der Geschichte der DB AG“, dem neuen Fernverkehrskonzept.
Bahn für Alle hält ein Umsteuern im Fernverkehr weg von Hochgeschwindigkeitskorridoren und leistungsschwachen Protzbahnhöfen hin zu einem gut vertakteten Nah-und Fernverkehr auf der Schiene für dringend geboten. Der DB-Fernverkehrsvorstand, Ulrich Homburg, musste erst die Fernbus-Konkurrenz verschlafen, um nun zumindest auf der großen PR-Bühne in die Hufe zu kommen. (Er tat dies übrigens nicht in einem Nachtzug, denn dieses Verkehrsmittel hat er nach eigener Aussage noch nie benutzt).

Die Bahn will nun Fernverkehrszüge im Nahverkehr einsetzen und die Regionen wieder besser ans Fernverkehrsnetz anbinden. Seit ihrer Gründung 1994 hat die DB AG mehr als 7000 Kilometer Schiene abgebaut, 120 Bahnhöfe geschlossen und den InterRegio ersatzlos gestrichen. Jetzt präsentiert sie DB AG einen Wiedergänger des Interregio als „das neue IC-Netz“. Was mich skeptisch macht: Das Modell setzt voraus, dass sich die Bundesländer an der Finanzierung beteiligen. Für die DB AG soll Ronald Pofalla mit den Ministern der Länder verhandeln.

Der ist laut Visitenkarte „Generalbevollmächtigter für politische und internationale Beziehungen Deutsche Bahn AG” steht. Vor genau zwei Jahren, am 5. März 2013, hat Ronald Pofalla von seinem damaligen Kanzleramtsminister-Telefon die Vertreter des Bundes im Aufsichtsrat der DB angerufen, und sie mit sanftem Druck überzeugt, einer über fünfzigprozentigen Erhöhung der Kisten für Stuttgart 21 von 4,5 (Sollbruchstelle!) auf 6,8 Milliarden Euro zuzustimmen. Das war, bevor er von diesem stressigen und schlecht dotierten Job zurück trat, um mehr Zeit für die Familiengründung (sic) zu haben.
Eines der Argumente gegen Stuttgart 21 ist, dass die hier versenkten Milliarden für das Bahnnetz in der Fläche fehlen werden und über kurz oder lang ALLE Bundesländer für den Kellerbahnhof zahlen werden. Das könnte gerade losgehen.


Vergangene Woche erhielt ein exklusiver Empfängerkreis politischer Entscheidungsträger Post von Pofalla:
“Sehr geehrte Damen und Herren, heute stellt die Deutsche Bahn ihre Angebotsoffensive für den umweltfreundlichen Fernverkehr vor. In der ersten Ausgabe von „perspektiven“ möchte ich Sie zu diesem Vorhaben informieren. Mit dem neuen Format werde ich auch künftig zu zentralen Themen der DB berichten.
Mit freundlichen Grüßen Ronald Pofalla

Die DB AG verkauft ihr neues IC-Netz als „Quantensprung“: Die meisten Städte mit mehr als
100.000 Einwohner_innen sollen im Zwei-Stunden-Takt ans Fernverkehrsnetz angeschlossen werden. Kleingedruckt: Und zwar bis 2030. Also in den nächsten 15 Jahren. Keine Stadt wird neu an den Fernverkehr angeschlossen. Sie alle sind erst in den letzten Jahren abgeknipst worden, die letzten, z.B. Treir und Chemnitz, im Dezember 2014.

Bahn für Alle hat das Fernverkehrskonzept der DB einem Faktencheck unterzogen. Ich befürchte, dass die DB AG mit „Kundenoffensive“ tatsächlich einen Angriff auf die Intelligenz ihrer Kunden meint.
Vorgestern fuhr ich mit dem ICE von Hannover nach Hamburg. Der hält in Uelzen. Uelzen hat zwar nur ein Drittel der geforderten 100.000 Einwohner_innen, ist aber ein historischer Knotenpunkt im Schienenverkehr. In Uelzen kann man im superschnellen DB–Fernverkehrsnetz aus dem Nord-Süd-ICE in den EuroCity nach Berlin–Bratislava umsteigen. Der Lokführer hat vergessen, anzuhalten.
Mit diesem Schwank von zuhause bedanke ich mich herzlich bei Ihnen für die Einladung und für´s Zuhören.
Ik weet: Jei künnt heier ans, bloß keen plattdütsch. Bleev buum!

18 der bundesweit 39 Standorte im Güterverkehr sollen aufgegeben werden. 30 Prozent der Güterverkehrsstellen droht die Schließung. Das wären rund 400 Logistikzentren.
Die Gewerkschaft EVG befürchtet, dass mittelfristig bei DB Schenker Rail sogar bis zu 5000 der noch knapp 31 000 Stellen wegfallen und ganze Regionen wie Mecklenburg-Vorpommern vom Frachtverkehr abgehängt werden.
Es ist umweltpolitisch der falsche Weg, Frachtzentren zu schließen, Güter-, Nacht- und Autozüge komplett aufs Abstellgleis zu schieben und stattdessen mit DB-Unternehmen den Fernbusverkehr und Güterverkehr auf der Straße auszubauen.

Wir fordern deshalb den Rücktritt von Manager Grube!
Für den Erhalt der Arbeitsplätze!
Güterverkehr auf die Schiene und Wasserwege!

Bilanz einer Bilanz zur Landtagswahl

Die leicht gekürzte Rede von Dr. Winfried Wolf, Journalist, Politiker und Politikwissenschaftler, Mitherausgeber von Lunapark21, am 22.02.2016 auf der 311. Montagsdemo gegen Stuttgart 21

Liebe Freunde,
Bei der Landtagswahl am 13. März 2016 steht die gesamte Verkehrspolitik im Bundesland Baden-Württemberg auf dem Prüfstand. Fünf Jahre lang regierte Grün-Rot, fünf Jahre lang wurde die Verkehrspolitik von einem Grünen-Minister verantwortet. Fünf Jahre lang gab es die Chance, grüne Verkehrspolitik in einem der größten Bundesstaaten zu gestalten. Und es ist der baden-württembergische Verkehrsminister selbst, der vor wenigen Monaten eine positive Bilanz zog.

In einer umfangreichen Schrift mit dem Titel „Für Menschen, Mobilität und Lebensqualität – Zwischenbilanz 2015 und Perspektiven“ beziehen sich Winfried Hermann und Gisela Splett, die Staatssekretärin im Verkehrsministerium, auf das Grüne Ziel „Wir machen Baden-Württemberg zu einer Pionierregion für nachhaltige Mobilität“, um dann zu bilanzieren:

„Eine (solche) Pionierregion […] ist nicht von heute auf morgen zu schaffen. Wir arbeiten kontinuierlich daran und haben für dieses Ziel schon einiges erreicht.“

Das ist eine offene Einladung, die grüne Bilanz einer eigenen und alternativen Bilanz zu unterziehen. Ich mache das im Folgenden zu fünf Bereichen:
• Erstens Straße und Straßenverkehrsunfälle
• Zweitens Klima und grün-rote Ideologie der Elektro-Autos
• Drittens Flugverkehr
• Viertens Schiene allgemein
• Und fünftens Stuttgart 21

Zum ersten Bilanz-Bereich: der seit langem wieder wachsende Straßenverkehr und die erstmals wieder steigenden Zahlen von Schwerverletzten im Straßenverkehr

In der zitierten „Zwischenbilanz“ des Landesverkehrsministeriums heißt es:

„Baden-Württemberg ist durch ein gut ausgebautes Straßennetz hervorragend erschlossen. Die Zeiten der ständig wachsenden Verkehrszahlen nähern sich, auch demographisch bedingt, langsam dem Ende. Zukünftig werden Bahnen und Busse […] größere Anteile des Verkehrsaufkommens übernehmen müssen.“

Richtig ist: Wir haben im Südweststaat ein riesiges und bis vor kurzem wachsendes Straßennetz. 2014 hatten die „überörtlichen Straßen“, also Autobahnen, Bundesstraßen und Landstraßen, bereits die Länge von 27.425 Kilometern. Davon entfallen 1054 km auf das Autobahnnetz. Damit hat sich allein das Autobahnnetz im Zeitraum 1955 bis 2014 von 300 km auf 1054 km mehr als verdreifacht. In jüngerer Zeit wurde das Straßennetz rein quantitativ – hinsichtlich der Gesamtlänge der Kilometer – nicht mehr erweitert. Das ist jedoch bereits seit rund einem Jahrzehnt der Fall. Allerdings wurde und wird dieses Netz ständig ausgebaut und optimiert – gerade auch unter Grün-Rot. Ausdrücklich heißt es in der „Zwischenbilanz“:

„Die Landesregierung hat die Haushaltsmittel für die Sanierung der Landstraßen und Brücken auf 120 Millionen Euro im Jahr erhöht und damit fast verdoppelt.“

Für die zitierte Aussage in der „Zwischenbilanz“, wonach die wachsenden Verkehrszahlen im Straßenverkehr sich „langsam dem Ende nähern“ würden, gibt es keinen statistischen Beleg. Im Gegenteil: Belegen lässt sich, dass gerade in jüngerer Zeit der Straßenverkehr – und zwar derjenige mit Pkw ebenso wie derjenige mit schweren Lkw – deutlich zunimmt. Interessanterweise wurde damit ausgerechnet unter Grün-Rot eine längere Phase mit einem stagnierenden Verkehrsaufkommen beendet. Konkret: Nach Angaben des Statistischen Amtes des Landes Baden-Württemberg lagen die Jahresfahrleistungen mit Pkw im Zeitraum 2004 bis 2010 auf dem gleichen Niveau. (1) In den Jahren 2010 bis 2014 gab es erstmalig wieder ein relevantes Wachstum – im gesamten Zeitraum von 5 Prozent.

Beim Verkehr mit „schweren Nutzfahrzeugen und Bussen“ gab es zwischen dem Jahr 2000 und 2009 sogar einen leichten Rückgang. (2) Im Zeitraum 2010 bis 2014 kommt es dann erstmals wieder zu einer Steigerung – insgesamt von drei Prozent. Wohlgemerkt: Dafür ist nicht primär die Landesregierung verantwortlich. Sie muss sich dieser Situation jedoch stellen. Das tut sie nicht nur nicht. Sie suggeriert vielmehr das Gegenteil und damit Unwahrheit.

Die Bilanz bei den Straßenverkehrsunfällen ist ebenfalls getrübt. Seit 2003 und bis 2009 ging die Zahl der im Straßenverkehr verunglückten Personen, der Getöteten und der Schwerverletzten zurück. Im Zeitraum 2010 bis 2014 sank zwar die Zahl der im Straßenverkehr des Landes Getöteten erfreulicherweise nochmals (von 494 im Jahr 2010 auf 466 im Jahr 2014). Doch die Zahl der verunglückten Personen stieg erstmals seit langem wieder an (von 45.175 auf 47.914). Insbesondere die Zahl der bei Straßenverkehrsunfällen Schwerverletzten stieg erstmals – ebenfalls seit längerem – wieder deutlich – von 8.436 im Jahr 2010 auf 9.537 im Jahr 2014 oder um 13,7 Prozent. (3)

Doch auch zur tatsächlichen Entwicklung der Straßenverkehrsunfälle findet sich kein Wort in der „Zwischenbilanz“. Stattdessen heißt es dort:

„Die Landesregierung verfolgt systematisch das Ziel einer höheren Verkehrssicherheit [gemeint ist: Straßenverkehrssicherheit; W.W.]. Das Land strebt als Meilenstein auf dem Weg zur `Vision Zero` (einem Straßenverkehr ohne Tote und Schwerverletzte).“ (4)

Zum zweiten Bilanz-Bereich. Dem Thema Klima und die Liebe von Grün-Rot für Elektro-Autos

Der erneut steigende Straßenverkehr hat handfeste Folgen auf Gebieten, wo Grüne eine besondere Sensibilität zeigen sollten. So heißt es in einer Pressemitteilung des Statistischen Landesamtes vom 12. Juni 2015:

„Nach einem Anstieg bis 1999/2000 waren die CO 2 -Emissionen des Straßenverkehrs im Land bis 2009 kontinuierlich fast auf das Niveau des Jahres 1999 zurückgegangen. Seither aber muss wieder ein leicht steigender Trend registriert werden.“

In der „Zwischenbilanz“ taucht das Thema CO 2 seltsamerweise nur im Zusammenhang mit Elektroautos und mit dem CO2-Ausstoß je Auto auf.

Dort wird der „durchschnittliche CO2-Ausstoß der Landesflotte in g pro km“ für den Zeitraum 2011 bis 2014 genannt – und ein Rückgang von 148,1 g pro km auf 131,9 g/km behauptet.

Nun wurde im Rahmen des VW-Diesel-Skandals das deutlich, was jeder normale Pkw-Fahrer weiß: Alle Kraftstoffverbrauchsangaben, auch die bei konventionellen (Benzin-) Pkw, sind manipuliert. Sie werden systematisch und von Jahr zu Jahr mehr zu niedrig angegeben. Inzwischen liegt diese Differenz laut dem Verband Umwelthilfe bei 40 Prozent. Insofern macht eine Aussage über den CO 2 -Ausstoß „je Pkw und km“ wenig Sinn.

Entscheidend ist offensichtlich der gesamte CO 2 -Ausstoß des Straßenverkehrs in Baden-Württemberg. Und dieser ist laut Statistischem Landesamt eben angestiegen und nicht, wie schönfärberisch in der „Zwischenbilanz“ unterstellt wird, gesunken.

Elektro-Autos stehen im grün-roten Zwischenbericht an vorderster Stelle. Sie werden von der grün-roten Landesregierung massiv gefördert. (……)

Dritte Bilanz-Ebene: Flugverkehr. Oder: Der massiv steigender Luftverkehr und die fortgesetzt hohe Subventionierung dieser besonders zerstörerischen Verkehrsform aus öffentlichen Mitteln

Zum Flugverkehr heißt es in Winfried Hermanns „Zwischenbilanz“:

„In einer globalisierten Welt kommt dem Flugverkehr große Bedeutung zu. Seine Wachstumsraten stellen jedoch ein großes Problem bei der Bekämpfung des Klimawandels dar […] Der Flugverkehr muss umwelt- und klimaverträglicher werden.“

Als Maßnahmen, wie dies erreicht werden könnte, wird darauf verwiesen, dass

„die Flughäfen Stuttgart, Karlsruhe/Baden-Baden und Friedrichshafen in den vergangenen Jahren ihre Start- und Landeentgelte deutlich stärker zugunsten leiserer Flugzeuge gespreizt (haben).“

Grundsätzlich zeichnen den Flugverkehr zwei Dinge aus: Er wächst erstens so schnell wie keine andere motorisierte Verkehrsart. Und er wird zweitens enorm subventioniert. In Stuttgart wuchs das Flugverkehrsaufkommen allein im Zeitraum 1985 bis 2010 von 3 auf 9 Millionen – eine Verdreifachung. 2015 waren es bereits 10,5 Millionen. Für 2016 wird erstmals eine Zahl von mehr als 11 Millionen Fluggästen erwartet. Nach den Plänen der alten (CDU-geführten) Landesregierung und des Bundes soll die Zahl der Fluggäste in Stuttgart auf 15 bis 20 Millionen bis zum Jahr 2025 gesteigert werden. Unter Grün-Rot gab es diesbezüglich keine Bremsversuche.

Ausdrücklich dient die Anbindung des Flughafens an den Schienenpersonenfernverkehr, wie er mit Stuttgart 21 vorgesehen ist, der Zielsetzung, mindestens zusätzlich eine Million Fluggäste für den Flugverkehr zu gewinnen. Untersucht man die Struktur der Flüge, die in Stuttgart starten und landen, so ergibt sich: Mehr als 40 Prozent aller Flüge liegen im Entfernungsbereich bis zu 600 km Distanz. Es handelt sich also um Reisen, die sich ideal zur Verlagerung auf die Schiene eignen würden.

Doch anstatt die Schiene und die Hochgeschwindigkeitsverkehre mit der Eisenbahn dazu einzusetzen, um Flüge in Schienenfahrten zu verwandeln, wird in Stuttgart mit Stuttgart 21 die Schiene als Zubringer zum Flugzeug, also zur Verlagerung von der Schiene in das Flugzeug eingesetzt. Gleichzeitig wird die Kapazität des Stuttgarter Hauptbahnhofs mit S21 so zurückgebaut, dass eben eine solche Verlagerung von der Luft auf die Schiene ausgeschlossen wird.

Nun gibt es im Land zwei andere Flughäfen, die inzwischen auch als große Airports bezeichnet werden müssen. Es handelt sich um den Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden und um den Flughafen in Friedrichshafen. Der erstgenannte liegt bereits bei 1 Million Fluggästen. Hier gab es allein im Zeitraum 2000 bis 2005 eine Steigerung um das Sechsfache. All dies, obgleich dieser Airport direkt an einer Hochgeschwindigkeitsstrecke liegt.

Der Flughafen am Bodensee bringt es auf rund 600.000 Fluggäste im Jahr. Hier gab es seit 1995 eine Vervierfachung des Fluggastaufkommens. Bei den beiden Regionalairports Karlsruhe und Friedrichshafen liegen die durchschnittlichen Entfernungen je Flug nochmals deutlich niedriger als bei dem Stuttgarter Airport. Es böte sich also hier mehr als anderswo an, die entsprechenden Verkehre aus der Luft auf die Schiene zu verlagern. Doch auch hier findet der umgekehrte Prozess statt.
Thema Subventionen: Der Stuttgarter Flughafen ist rein betriebswirtschaftlich gesehen inzwischen gewinnbringend. Berücksichtigt man die sogenannten externen Kosten – darunter die Kosten für Klimaschäden und gesundheitliche Belastungen – dann gibt es selbstverständlich auch hier enorme Defizite und damit Zuschüsse durch die Allgemeinheit.

Die Flughäfen Karlsruhe und Friedrichshafen werden dann auch rein betriebswirtschaftlich weiterhin Jahr für Jahr mit öffentlichen Geldern am Leben gehalten. Der Airport Karlsruhe/Baden-Baden befindet sich mehrheitlich – wenn auch auf verschlungenen Pfaden – in Landeseigentum. (5) Dieser Flughafen, der zunächst von einem privaten Konsortium betrieben wurde, hat bereits eine komplette Insolvenz hinter sich, bei der im Jahr 2002 knapp 100 Millionen Euro vernichtet wurden. Der Flughafen schreibt seither überwiegend rote Zahlen.

Der Bodensee-Airport hat allein im Zeitraum 2002 bis 2014 rund 20 Millionen Euro Verluste eingefahren. Ende 2015 musste die Betreibergesellschaft – als Folge der Pleite einer Regional-Airline, der Intersky – die Eigentümer um Hilfe ersuchen. Ein Sonderdarlehen in Höhe von 3,5 Millionen Euro wurde aus öffentlichen Mitteln gewährt. Stuttgart ist mit dabei. In der „Zwischenbilanz“ schreiben Winfried Hermann und Gisela Splett: „Der Luftverkehr muss seine Kosten selbst erwirtschaften.“

Das ist schlicht unwahr. Die Gesellschaft zahlt in Deutschland Jahr für Jahr mehrere Milliarden Euro an Subventionsgeldern für den Flugverkehr – vor allem für die genannten externen Kosten des Flugverkehrs (Lärmschäden, Klimabelastung usw.). Die größte Subventionierung des Flugverkehrs erfolgt dadurch, dass Kerosin komplett steuerbefreit ist. Es fließen aber auch höchst konkret und auf Ebene des Landes Baden-Württemberg Jahr für Jahr Dutzende Millionen Euro in den Betrieb, Ausbau und Unterhalt der drei Airports und der zusätzlichen 18 „Verkehrslandeplätze“ in Baden-Württemberg.

Als Anfang 2016 beim Stuttgarter Flughafen der Linienflug Stuttgart – Abu Dhabi, ausgeführt von Air Berlin, wegfallen sollte, sprach sich Minister Hermann beim Neujahrsempfang der Flughafengesellschaft ausdrücklich für den Erhalt dieser Verbindung aus. (6) Der tägliche Linienflug Stuttgart–Abu Dhabi wird von Grün-Rot als eine Art Kulturgut gesehen und verteidigt.

Vierte Bilanz-Ebene: Schiene

In dem Text „Zwischenbilanz“ des Landesverkehrsministeriums heißt es: „Der Ausbau der Schieneninfrastruktur ist eines der wichtigsten verkehrspolitischen Ziele der Landesregierung.“ „Ausbau“ meint, so dieser Text: „Die überlasteten Hauptverbindungen müssen erweitert werden“; das „restliche Netz“ müsse „modernisiert“ werden.

Zum Thema „stillgelegte Strecken“ findet sich ein Hinweis auf eine finanzielle Unterstützung bei einer einzigen Reaktivierung, derjenigen der Strecke Calw – Weil der Stadt. Und dann gibt es die allgemeine Feststellung: „Das Land fördert den Erhalt stillgelegter Schienenstrecken mit Zukunftspotenzial“. Von einem Programm zur Reaktivierung von Strecken ist nichts zu lesen.

Auch wenn letzten Endes der Bund für das Schienennetz verantwortlich sind, so müsste doch die gesamte Situation der Schiene im Südweststaat kritisch bilanziert. Erforderlich wäre ein allgemeines Programm zur Reaktivierung von Strecken. Und eine entsprechende Ermunterung an alle Initiativen vor Ort, die sich für solche Projekte engagieren.

Tatsächlich gab es auf dem Gebiet Baden-Württembergs 1950 noch ein Schienennetz von 5150 km Länge. Aktuell sind es laut „Zwischenbericht“ nur noch 3.338 km Schienennetz, die zum Bereich der Deutschen Bahn AG zählen. Hinzu kommen einige Dutzend Kilometer Netz, das sich im Eigentum von privaten Bahngesellschaften befindet.

Das aber heißt: Das aktuelle Schienennetz in Baden-Württemberg entspricht auch heute noch nur 75 Prozent des Netzes, das es Mitte der 1920er Jahre oder nach dem Zweiten Weltkrieg gab. Gut ein Viertel dieses Netzes wurde abgebaut. Hinzu kommt, dass die Leistungsfähigkeit auf den bestehenden Schienensträngen seit Jahrzehnten abnimmt – durch einen massiven Abbau von Weichen, einem Herausnehmen von Ausweichgleisen und dem allgemein schlechten Zustand der Infrastruktur mit entsprechend vielen Baustellen und Langsamfahrstellen. Auf der Straße dagegen haben wir hingegen, wie beschrieben, den entgegengesetzten Prozess: immer leistungsfähigere Straßen. Doch zu all dem findet sich in der grün-roten Bilanz kein Wort.

5. Stuttgart 21 – der grüne Verrat am Wählerwillen und der aktuelle Stand hinsichtlich eines Ausstiegs aus dem Projekt

Zu Stuttgart 21 heißt es in dem Text aus dem Winfried Hermann-Ministerium:

„In der Volksabstimmung am 27. November 2011 hat sich die Bürgerschaft mit 58,9 Prozent der Stimmen […] politisch für die Fortsetzung des Projekts [S21] ausgesprochen. Die Landesregierung unterstützt seitdem die Umsetzung von
Stuttgart 21 in konstruktiv-kritischer Weise. […] Das Land betreffende Fragen […] werden so zügig wie möglich und so gründlich wie nötig bearbeitet. Chancen [von S21], aber auch mögliche Probleme werden offen angesprochen…“

Im Text wird dann konkret dargelegt, was „konstruktive Mitarbeit“ bei der S21-Umsetzung bedeutet. Dort heißt es:

„Unter maßgeblicher Mitwirkung von Verkehrsminister Hermann haben sich die Projektpartner im März 2015 auf ein Maßnahmepaket zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit [der S21-Anbindung] im Flughafenbereich verständigt.“

Nur lapidar gestreift wird die Tatsache, dass die S21-Kosten sich bereits nach offiziellen Angaben massiv erhöhten und dass sie weiter steigen werden. Womit allein dadurch die Grundlage für die Volksabstimmung entfallen ist. Mit keinem Wort wird der sogenannte Stresstest mit all seinen inzwischen im Detail aufgedeckten Manipulationen erwähnt. Kein Wort findet sich in der Winfried-Hermann-Bilanz zur inzwischen vielfach belegten Tatsache, dass bei S21 immer mehr öffentliches Geld dafür ausgegeben wird, dass ein intakter und gut funktionierender Hauptbahnhof so geschrumpft wird. (7)

Nun gibt es beim Thema Stuttgart 21 seit Februar 2016 zwei neue Dokumente: Das erste Dokument ist ein Schreiben des Bundesrechnungshofs vom 10. Februar 2016 an Nico N., aus dem hervorgeht: der Bundesrechnungshof hat bereits im Dezember 2014 eine neue Stellungnahme zu den Kosten von Stuttgart 21 erarbeitet. Im Schreiben des BRH wird im Detail dargelegt, dass es die Deutsche Bahn AG und die Bundesregierung sind, die eine Veröffentlichung des Prüfberichts bislang verhinderten. Angekündigt wird, dass „demnächst“ [seitens des BRH] die „abschließende Prüfungsmitteilung erstellt“ wird. Ob das Dokument dann öffentlich zugänglich sein wird, wird nicht deutlich.

Schließlich gibt es seit dem 10. Februar 2016 eine neue Studie der Verkehrsberatungsgesellschaft Vieregg-Rössler. Ihr Titel: „Ermittlung der Ausstiegskosten für das Projekt Stuttgart 21 zum Stand Ende 2016“.

Die Verfasser errechnen in der Studie im Detail, wie viel ein Ausstieg aus S21 zum heutigen Stand kosten würde. Sie konfrontieren dies mit der Gegenrechnung, wie viel ein Bau der Alternative, was K21 kosten würde. Der bilanzierende entscheidende Satz auf Seite 18 der Studie lautet:

„Der Weiterbau von Stuttgart 21 ist […] um 7,9 Milliarden Euro teurer als der Ausstieg ohne Realisierung von K21.[…] Mit der Realisierung von K21 […] ergibt sich immer noch eine Kostenersparnis von 5,9 Milliarden Euro gegenüber dem Weiterbau von Stuttgart 21. Das heißt, ein Abbruch von Stuttgart 21 und ein Umschwenken auf K21 ist 5,9 Milliarden Euro kostengünstiger als ein Weiterbau.“

Grün-Rot erklärt uns also vor der Landtagswahl: Man wolle kritisch-konstruktiv S21 weiterbauen. Das soll so weitergehen bis 2025 – mit dieser Großbaustelle im Zentrum. Dabei sollen immer neue Milliarden Euro an Steuergeldern dafür ausgegeben werden, dass man dann vielleicht am Ende einen neuen Kellerbahnhof hat, der aber mindestens 30 Prozent weniger Leistung als der alte Kopfbahnhof hat.

Meine und unsere Schlussbilanz zur grün-roten Verkehrspolitik:
Es gab mit Grün-Rot im gesamten Bereich Verkehr keinen versprochenen Neuanfang und keine Trendwende im Sinn einer ökologischen, nachhaltigen und sozialen Verkehrspolitik. In den Worten des Stuttgarter Umweltaktivisten Rudolf Pfleiderer:

„Kurz nach der gewonnenen Wahl 2011 sagte Kretschmann noch: ´Weniger Autos sind natürlich besser als mehr´. […] Kretschmann wurde zurechtgestutzt und hat sich inzwischen vor der Autolobby flach auf den Boden geworfen. Er fordert von Berlin mehr Geld für Autobahnen und Bundesstraßen und bezeichnet Straßen als Lebensadern.“ (8)

Im Zentrum unserer negativen Bilanz hier in Stuttgart steht das doppelte Desaster von Stuttgart 21:
• Das rein handwerkliche Desaster, das von Grün-Rot im Rathaus und in der Landesregierung mit zu verantworten ist.
• Und das politische und moralische Desaster, das, was man schlicht „Verrat am Wählerwillen“ bezeichnen muss.

Oben bleiben!

Verweise:
(1) 2004 und 2010 waren es rund 80.000 Millionen km. 2014 sind es 84.172 Millionen km.
(2) Rückgang von 6.889 Mio. auf 6.793 Mio. km. Im letzten Jahr vor Grün-Rot (2010) waren es 7.045 Mio. km. 2014 sind es bereits 7.246 Mio. km.
(3) Auch die Zahl der Leichtverletzten stieg, wenn auch unwesentlich (um 0,5 %). Straßenverkehrsunfälle selbst gab es 2010 275.410 – 2014 waren es 294.238 (Alle Angaben nach: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2015).
(4) A.a.O., S. 18. 3
(5) Der Betreiber des Airports, die Baden-Airpark GmbH, ist zu 66,6 Prozent eine Tochtergesellschaft der Flughafen Stuttgart GmbH, die wiederum zu 35 Prozent der Stadt Stuttgart und zu 65 Prozent dem Land Baden-Württemberg gehört.
(6) Josef Schunder, „Letzte Bemühungen um Abu-Dhabi Flug“, in: Stuttgarter Nachrichten.de vom 8. Januar 2016.
(7) Es gibt in dem Text keinerlei Kritik an der absurden Neubaustrecke über die Schwäbische Alb. Vielmehr heißt es: „Das Land finanziert die Neubaustrecke Stuttgart – Wendlingen – Ulm in Höhe von 950 Millionen Euro mit“.
(8) Rudolf Pfleiderer, Baden-Württemberg: Grüne machen schwarze Verkehrspolitik“, in: mobilogisch!, 1/2016.

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