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Rede von Dr. Carola Eckstein auf der 289. Montagsdemo am 21.9.2015.
Frau Eckstein ist Parkschützerin und Aktivposten der Bewegung gegen S 21

Liebe Freunde,
Im Bundestag wird der nächste Haushalt diskutiert. Und auch sonst wird gerade viel davon geredet, was wir, die Bundesrepublik Deutschland, uns leisten können. Eigentlich müsste es heißen: was wir uns leisten wollen. Oder können wir es uns tatsächlich nicht leisten, so viele Flüchtlinge aufzunehmen, wie beispielsweise der Libanon?

Und auch sonst entsteht bisweilen der Eindruck, dass wir doch in einem sehr armen Land leben müssen, weil wir uns wirklich wichtige und gute Dinge nicht leisten können; oder nicht leisten wollen…

Die Allianz pro Schiene und die Verkehrsberater SCI vergleichen regelmäßig, wie viel Geld verschiedene europäische Länder in den Schienenverkehr investieren. Wenig überraschend ist, dass die Schweiz mit 351 € pro Einwohner auch dieses Jahr wieder Spitzenreiter ist. Aber auch Österreich, Schweden, die Niederlande, Großbritannien, Italien und Frankreich investieren pro Kopf mehr Geld in die Schiene als dies in Deutschland der Fall ist. Von den betrachteten Ländern investiert überhaupt nur Spanien weniger Geld in sein Schienennetz als Deutschland. Den Spaniern würde man vermutlich abnehmen, dass sie sich angesichts der verordneten Sparzwänge nicht mehrleisten können.

Deutschland leistet sich mit 49 € pro Kopf nicht einmal ein Siebtel dessen, was die Schweiz pro Jahr und Einwohner in Netzausbau und Schienenverkehr investiert. Mehr will man hierzulande für Schienenverkehr nicht ausgeben – für den Ausbau von Straßen ist seit Jahren deutlich mehr Geld da. Wir könnten mehr Geld in Schienen investieren; also stellt sich die Frage, was wir wollen. Immer wieder verkünden unsere Politiker, dass Klimaschutz und CO2-Reduktion wichtige Ziele seien – man könnte meinen, dass wir dafür Geld ausgeben wollen.

Wie diese Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen wären, zeigen die Eisenbahnverbände CER und UIC in ihrer jüngst veröffentlichten Studie „Rail Transport and Environment“
(http://www.uic.org/ MG/pdf/facts_and_figures_2014_vl.0-2.pdf): Der Schienenverkehr produziert weit weniger CO2 als der Straßen- und Flugverkehr (3-10 mal weniger). Und die Bahn braucht deutlich weniger Energie, um Personen und Güter zu transportieren (Auf die europäischen Bahnen entfallen nur 2% des gesamten europäischen Transportenergieverbrauchs, obwohl sie 8,5% der gesamten Transportleistung erbringen.)

Obendrein ist auch der Flächenbedarf der Schiene pro Personen-km weitaus geringer als der des Straßenverkehrs – in engen Ballungsräumen wie Stuttgart sollte geringer Flächenverbrauch ein gewichtiges Argument sein. Alles in allem ist die Schiene einer der effizientesten Verkehrsträger und verursacht wesentlich weniger CO2-Emissionen als Straße oder Flugzeug.

Konkret stellt die Studie fest: Würde der Marktanteil der Bahnen wie im Weißbuch 2011 geplant ansteigen, könnten die CO2-Emissionen in der EU schätzungsweise um 238 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert werden. Das sind 19% der 2010 auf den Verkehr zurückzuführenden Emissionen in der EU – nicht nur die Schweiz, auch EU-Länder wie Italien, Österreich und Schweden ziehen die Konsequenz und investieren in den Ausbau ihrer Schieneninfrastruktur; Deutschland aber investiert in Tunnel-Projekte, die den Energieverbrauch und die CO2-Bilanz des Schienenverkehrs substantiell verschlechtern.

Dabei weiß auch das Bundesministerium für Verkehr es eigentlich besser. Vor einigen Tagen hat das Ministerium eine Machbarkeitsstudie zum Deutschland-Takt vorgelegt (http://www.deutschlandtakt.de/deutschlandtakt/index.php?option=com_content&task=view&id=22): Der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann resümiert: „Die Bahn kann das Verkehrsmittel des 21. Jahr-hunderts werden. Schnelle Verbindungen mit reibungslosem Umsteigen zwischen Fern- und Nahverkehr machen Bahnfahren attraktiv.“

Um diese Attraktivität zu erreichen und gleichzeitig Kapazität für energieeffiziente Gütertrassen zu schaffen, müssen passgenau an den richtigen Stellen Fahrzeiten verkürzt und Engpässe beseitigt werden, so das Ergebnis. Schön, dass das Ministerium diese Strecken und Engpässe im Bundesverkehrswegeplan berücksichtigen will; schade, dass so nutzlose Projekte wie der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm weiter oben auf der Liste stehen. Und dumm, dass die Bundesregierung trotzdem daran festhält, den Bahnknoten Stuttgart auf 8 Gleise zu reduzieren und Stuttgart damit als Takt-Knoten für den Deutschland-Takt unbrauchbar zu machen (dafür sind 14 Bahnsteiggleise notwendig).
Fazit: Die offiziell verkündeten Ziele wären durchaus gut, die tatsächlich getätigten Investitionen passen aber leider gar nicht zu diesen Zielen. Am 16. November im Lenkungskreis und am 16. Dezember bei der Aufsichtsratssitzung der Bahn könnte der Fehlinvestition S21 ein Ende gesetzt werden.

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