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INTERNATIONALE AUTOMOBIL-AUSTELLUNG IN MÜNCHEN EIN GIGANTISCHES GREENWASHING

Erfolgreiche Proteste der Umweltschützer
trotz systematischer Behinderungen und brutalem Vorgehen der Polizei

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Der Messechef und die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie zogen eine positive Bilanz: „Die IAA zeigt den Weg zur klimaneutralen Mobilität“. Um dies zu unterstreichen durften vom 9.-12. September sogar 50 Fahrrad-Hersteller ihre Produkte ausstellen, mussten aber feststellen, dass kaum jemand deshalb auf eine Automesse ging. Die E-Mobilität wurde als Heilsweg propagiert, um das Konzept der Ausweitung des extrem umweltschädlichen Individualverkehrs zu rechtfertigen.

Josef Lutz, Professor der Uni Chemnitz, forderte im Rahmen seines Vortrags über ein umweltverträgliches Verkehrssystem auf einer Veranstaltung der Umweltgewerkschaft München am 8.Septermber:

Über solche Themen wurde auf der IAA und in den Mainstream-Medien überhaupt nicht gesprochen.

Alle angebotenen Konzepte verfolgten das Ziel der schnellen Profitmaximierung.

Wir Münchner hatten schon im Vorfeld auch BMW- und MAN-Arbeiter zu dieser Veranstaltung eingeladen, die mit rund 30 Teilnehmern erfolgreich stattgefunden hat. Wir verbreiteten die Forderung „Arbeitsplätze und Umweltschutz!“ und erklärten uns solidarisch mit dem Protest der Bosch-Arbeiter:innen gegen die geplante Schließung des Münchner Werkes. Die Produktion soll in ein Billig-Lohn-Land verlagert werden. In der Einladung zur Veranstaltung hieß es: „Wer für Arbeitsplätze und Umweltschutz kämpfen will, muss wissen wie ein umweltverträgliches Verkehrssystem aussehen kann und muss … und wer das bezahlen soll.“ Die Münchner Umweltgewerkschaft fordert, dass der Ausbau des ÖPNV zum 0-Tarif von den Großkonzernen in München und Umland mit einer Sozialsteuer entsprechend ihres Umsatzes finanziert werden soll.

Unterstützt von Regierung, dem Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), seiner Stellvertreterin, Kathrin Habenschaden (GRÜNE) und den Behörden wurden während der IAA große Plätze in München und eine Autobahn-Strecke von der Messe in die Innenstadt für die IAA zur Verfügung gestellt. Für die Fahrrad-Stern-Fahrt der Protestierenden des NO IAA-Bündnisses wurden keine Autobahnstrecken genehmigt mit der Begründung, es gäbe keinen Bezug zur IAA. Dagegen hatte schon am 26. 8. das Bündnis protestiert. Andreas Schön, Sprecher des ADFC betonte, dass statt einer klimaschädlichen Verkehrspolitik wie z.B. dem weiteren Ausbau der Autobahnen dringend notwendig sei, endlich Radwege in „Autobahn-Qualität“ zu bauen.

Viele Münchner ärgerten sich, dass sie Plätze in ihrer Stadt ohne 20-Euro-Tages-Ticket nicht mehr betreten durften und dass die schweren Fahrzeuge Straßen, Plätze und Grünanlagen z.T. schwer beschädigt haben.

4500 Polizisten schützten die IAA gegen angeblich gewalttätige Protestierende. Der größte Polizeieinsatz seit 20 Jahren. Die Behörden behinderten mit immer neuen Einschränkungen die Planung der Fahrrad-Sternfahrt, der geplanten Demo und des Klima-Camps auf der Theresienwiese, wo Protestierende übernachtet haben und mit Essen verpflegt wurden.

Trotzdem wurde das alles auf Grund des hartnäckigen Widerstandes durchgesetzt. Rund 30 000 Teilnehmer*innen haben ein Zeichen gesetzt, dass es so nicht weiter gehen kann mit der Verkehrspolitik von Merkel und Co, die sich wieder mal mit ihrem Auftreten auf der Messe als eilfertige Dienerin der Großkonzerne betätigte. Die Umweltschützer bewiesen, dass es viele vernünftige Vorschläge zu einer umweltschonenden Verkehrspolitik gibt. Die Umweltgewerkschaft beteiligte sich mit Mitgliedern und Kontakten aus München, Augsburg und Ulm auf der Kundgebung und Demo.

Inzwischen beschäftigen sich 20 Anwälte, die sich zu einem „Notdienst“ zusammengeschlossen hatten, mit dem brutalen Vorgehen der Polizei. Sie kritisieren dass „geringste Vorkommnisse“ von der Polizei zum Anlass genommen wurden, um mit Pfefferspray, Prügeln, Festnahmen sowie mit Anzeigen wegen Landfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt zu versuchen, Protestierende einzuschüchtern und den Protest klein zuhalten.

Solche Anlässe waren z.B. das Sprühen mit Sprühkreide oder das Betreten eines Ausstellungsplatzes ohne Ticket oder das Tragen eines Transparentes mit der Aufschrift „Ferdinand Porsche, Nazi, KZ-Betreiber, Kriegsverbrecher.“ oder das Verschönern eines Autobahn-Schildes mit „NO IAA!“.

Junge Menschen wurden zu „Gefährdern“ eingestuft, als seien sie Terroristen. Stundenlang wurden junge Aktivisten widerrechtlich festgehalten. Die Polizei versuchte mehrfach das - im Juli diesen Jahres vom Bayerischen Landtag verabschiedete - neue Polizeiaufgabengesetz anzuwenden und eine Vorbeugehaft bis zum Ende der IAA durchzusetzen. Die Polizeiführung verlautbarte, sie seien mit dem Einsatz zufrieden. Sie hätten 87 Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen. Über solch ein Vorgehen jubelte der CSU-General Markus Blume auch noch: „So läuft´s in Bayern.“.

Durch Einsatz und die Kritik der Anwälte über diese Menschenrechtsverletzungen und die Kritik aus der Bevölkerung, die sich auch in den Medien widerspiegelte, kamen viele Aktivisten wieder frei. Aber es ist jetzt weiterhin notwendig, für die angeklagten und verletzten Aktivisten einen Freispruch, z.T. auch Schadensersatz, zu erkämpfen.

Dies zeigt, dass sich die Umweltgewerkschaft als Teil des Internationalistischen Bündnisses und mit ihm zusammen entschieden gegen die Rechtsentwicklung, gegen die reaktionären Polizeigesetze und für den Erhalt und Ausbau der demokratische Rechte einsetzen sollte. Das muss zu einem festen Bestandteil unseres Kampfs zum Schutz der Umwelt werden.