1. Welche Mengen Fein- und Feinststaub emittiert ein „Sekundärbrennstoff-Heizkraftwerk“ nach den uns vorliegenden Daten (Mittelwerte, Spanne(n)), bezogen auf eine Mengeneinheit Restmüll?
Die Frage kann nur durch Schätzungen beantwort werden, da leider keine flächendeckenden und dauerhaften Untersuchungen vorliegen.
Die Aussage von Prof. Wassermann auf unserer Homepage (Giftschleudern) gilt auch für die Feinststäube. In seiner Dissertation „Ermittlung und Analyse der Emissionen und Potenziale zur Minderung primärer anthropogener Feinstäube in Deutschland“ aus dem Jahr 2006 kommt Thomas Pregger zu der ernüchternden Erkenntnis, dass für die Emission von Feinststäuben aus festen Verbrennungsanlagen (Kraftwerke, MVAs) nur sehr lückenhafte Daten vorliegen. Insbesondere schreibt er: „Da die Emissionsgrenzwerte als anlagenspezifische Konzentrationswerte (mg/Nm³) im Tagesmittel bzw. Halbstundenmittel festgelegt wurden, können die Auswirkungen auf die jahresmittleren spezifischen Emissionen der Quellgruppen nur mit großen Unsicherheiten abgeleitet werden.“ (Seite 63).
Es muss auch sehr deutlich gesagt werden, dass für Feinst- und Ultrafeinststäube (PM 2,5 bzw. PM 0,1) Gewichtsangaben völlig irrelevant sind, da alleine die aktive Oberfläche für die toxische Bewertung zählt.
Meine eigenen Abschätzungen kommen zu den folgenden Ergebnissen:
Basierend auf der Jahreskapazität der MVAs in Deutschland aus dem Jahr 2000 und einer geschätzten Auslastung von 80% sind ca. 10,4 Millionen t Müll in Deutschland verbrannt worden.
Die Angaben der emittierten Stäube aus MVAs schwanken zwischen 100 t/a (Betonung auf lückenhaft, bei Dissertation Pregger), 3000 t/a (BMU 2005) und einer Abschätzung aus der lückenhaft gemessenen Volumendichte (1 mg/m³) mit der Abschätzung, dass 1 Tonne Abfall ca. 5000 m³ Abluft entwickelt zu 6500 t/a. Der Feinststaubanteil kann für PM 2,5 zu ca. 80% abgeschätzt werden (Pregger 2006), so dass sich bei Zugrundelegung der anzweifelbaren Zahlen des BMU eine Mengenverhältnis von
Masse PM 2,5 pro Masse verbrannter Abfall = 2,1 10-4;
also 0,021% ergibt.
Dies erscheint klein, ist jedoch erheblich, wenn man die freigesetzte aktive Oberfläche, die in den heutigen Grenzwerten und Bewertungen nicht erfasst wird, abschätzt. Wenn ich davon ausgehe, dass das mittlere Volumen der als Einzelpartikel anfallenden Abfallmasse ca. 1 cm³ ist, dann ergibt sich für PM 2,5 Stäube ein Oberflächenvergrößerungsfaktor von mehr als 0,4 104;. Da in PM 2,5 Stäuben der Anteil von Partikeln mit Durchmesser kleiner als 1 µm erheblich ist (Schwerpunkt der Verteilung bei ca. 100 nm), sind Oberflächenvergrößerungsfaktoren von 105 realistisch.
Man kann also die Abschätzung treffen, dass pro eingesetzte Einheit Müll bei der MVA eine aktive Oberfläche der emittierten Feinststäube entsteht, die (bei Zugrundelegung der BMU Zahlen) der 20 fachen der ursprünglichen Oberfläche des Mülls entspricht (!!!) (mit Spannweite von 1 bis 40). Die toxische Wirkung würde also (alleine schon bei gleicher chemischer Zusammensetzung) vervielfacht, wenn man jedoch die chaotische Umwandlung bei Verbrennung berücksichtigt und die Entstehung von 10.000en von neuen chemischen Stoffen, muss man von einer Potenzierung der toxischen Wirkung ausgehen.
Anmerkung: Um diese unglaublichen Zahlen nochmals zu verdeutlichen. Alleine der Faktor von 1 der Freisetzung aktiver Oberfläche (also die untere Abschätzung in der obigen Rechnung) würde bildhaft bedeuten, dass die gesamte Zahl der Oberflächenatome des ursprünglichen Mülls bei der MVA in die Luft freigesetzt würden!!!
2. Wieviel Dioxine und Furane werden, bezogen auf eine Mengeneinheit Restmüll, als Fein- und Feinststaub-Anhaftungen ausgetragen? Kann man das Mengen-Verhältnis zwischen den in der Gasphase entweichenden und dort gemessenen und den an den Stäuben anhaftenden und damit nicht gemessenen Ultragiften quantifizieren?
Diese Frage ist noch schwieriger quantitativ zu beantworten, da es keine systematischen Untersuchungen der chemischen Beschaffenheit der Oberfläche der Nanopartikel gibt.
Das BMU behauptet, dass MVAs in den letzten Jahren nur ca. 0,5 g (TE)/Jahr Dioxine und damit nur ca. 1% der Gesamtemissionen an Dioxinen verursachen.
Der Grenzwert TA Luft, 13. BImSchV und 17. BImSchV liegt bei 0,1 ng/m³ TE Einheiten. Wenn man das auf das geschätzte Abluftvolumen aus dem Jahr 2000 bezieht, kommt man auf ca. 0,65 g pro Jahr, also einem sehr ähnlichen Wert. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Zahlen des BMU alleine auf den Grenzwerten beruhen und nicht auf realen Untersuchungen und Messungen der sehr fluktuierenden Abluftströme.
Genau in diesen Werten sind aber weder die einige 10.000 umfassenden weiteren toxischen Substanzen der Abluft erfasst, die oft an die Giftigkeit von Dioxinen und Furanen herankommen, noch die Oberflächenadsorbate an Partikeln.
Den Anteil der Dioxine und Furane auf den Partikeloberflächen zu quantifizieren erscheint mir aus dem heutigen Stand der Forschung unmöglich. Tatsache ist, dass in Einzeluntersuchungen mit sehr aufwändigen Untersuchungsmethoden der Nanotechnik toxische Verbindungen unter Einschluss der Dioxine auf Oberflächen von Nanopartikeln aus Verbrennungsprozessen gefunden wurden. Man muss zusätzlich in Rechnung stellen, dass über das Vehikel „Nanopartikel“ die Dioxine und andere Substanzen in Bereiche des menschlichen Körpers eindringen können, in die sie sonst nicht einfach vordringen können. Die toxische Wirkung von Dioxinen auf Feinststäuben und von Dioxinen in der Gasphase wird sich daher signifikant unterscheiden.
Feinstäube unter 10 µg verhalten sich bei der Durchlässigkeit wie Gas, gehen durch alle Filter durch.
Unter 5 µg gehen Feinstäube in den Lungenbläschen (Alveolen) direkt ins Blut. Der Anteil der Müllverbrennung wird in der Feinstaubdebatte verschwiegen!
Grundsätzlich gilt für die Müllverbrennung: Der Output (Schadstoffgemisch) wird bestimmt durch den Input! Im Vergleich zu Müll sind Braunkohle und Diesel noch saubere Stoffe!
Ein Mensch atmet bis zu 20.000 Liter Luft am Tag über eine Lungenoberfläche von ca. 100 qm, Feinstäube sind tief lungengängig, Nanopartikel gelangen sofort über die Alveolen ins Lungenkapillarblut, für sie gibt es keinerlei Rückhalte- und Filtermechanismus im menschlichen Organismus, da Nanopartikel bisher für die menschliche Entwicklung und Humantoxikologie keine Rolle spielten – dies ist ein spezifisches Problem der Chemikalienverbrennung in der Elektrofilter-Ära! Schwermetalle und lipophile CKWs gelangen durch die Blut-Hirnschranke ins ZNS, in Drüsen und parenchymatöse Organe sowie ins Knochenmark. Akute Anstiege der Belastung scheinen erhebliche Auswirkungen im Bereich der Herzkreislauf-Erkrankungen zu haben. Laut Professor Wiechmann, Lehrstuhl für Hygiene und Umweltmedizin TU München, lassen sich ca. 27.000 Herzinfarkte pro Jahr in der BRD auf akuten Anstieg der Feinstaubbelastung zurückführen. Die Bedeutung der kontinuierlichen Feinstaubbelastung für Krankheitsgruppen wie Immunkrankheiten, Malignome, Erkrankungen des Zentralnervensystems, psychische und Schmerzerkrankungen kann momentan noch gar nicht abgeschätzt werden, da die Datenlage völlig unzureichend ist und es für Kanzerogene z.B. gar keine sichere untere Dosis gibt, sondern bereits 1 Molekül schadensauslösend sein kann.
Erläuterugen:
BMU = Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz
PM = Particular Matter = Größenverteilungen für Feinst- und Ultrafeinststäube, wobei die Zahl dahinter einen gewichteten Anteil der Partikel in Micrometer bedeutet
TA = Technische Anleitung
TE = Toxizitätseinheiten