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Aktiven Widerstand verstärken - statt Illusionen in grünen und sozialen Kapitalismus!

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Einen ökologischen und sozialen Neustart verspricht der Vertrag und die Ampel-Koalition ernennt sich selbst zum „Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“. Tatsächlich werden einige lange geforderte Reformen angekündigt wie das Wahlalter für Jugendliche ab 16, die Abschaffung des §219a (Verbot der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche), Verbesserungen beim Tierschutz, beim Natur- und Umweltschutz, Glyphosat soll vom Markt genommen werden, Schutz der Meere wie die Bergung von Munitionsaltlasten, keine neuen Genehmigungen für Öl und Gasbohrungen. Zweifel sind aber auch angebracht, ob die oft noch vagen Formulierungen auch zu tatsächlichen Gesetzen und Veränderungen führen. Ausgerechnet die Konzerne als Hauptverursacher der Zerstörung unserer Umwelt sollen nun zu den Hauptgestaltern des ökologischen und sozialen Neustarts werden. In der Präambel heißt es: „Unseren Wohlstand in der Globalisierung zu sichern ist nur möglich, wenn wir wirtschaftlich und technologisch weiter in der Spitzenliga spielen und die Innovationskräfte unserer Wirtschaft entfalten.“

Das selbsternannte Bündnis greift hier auf die alte Leier der Unternehmerverbände zurück„wenn‘s uns gut geht geht‘s euch auch gut“. Tatsache ist: um wirtschaftlich und technologisch in der Spitzenliga zu spielen, müssen Unternehmen global aufgestellt sein und Spitzenprofite erzielen. Das machen sie, indem sie unseren „Wohlstand“ angreifen und unsere Umwelt zerstören. Zehntausende Arbeitsplätze sollen v.a. in der Autoindustrie vernichtet werden um weiter in der „Spitzenliga“ zu spielen. Als Umweltgewerkschaft werden wir 2022 den Kampf um Umweltschutz und Arbeitsplätze auf Kosten der Unternehmerprofite voranbringen. Wir treten für die 30-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich ein, für ein politisches Streikrecht auch in Umweltfragen!

Während die Umstellung auf erneuerbare Energien bisher v.a. durch kleinere Investoren zu Stande kam, sollen nun große Mengen Subventionen für eine Wasserstoffinfrastruktur der Chemie-, Stahl- und Energiekonzerne locker gemacht werden: „Anreize für private Investitionen setzen und Raum für unternehmerisches Wagnis schaffen, um so Wachstum zu generieren.“ Auch wir bräuchten Anreize für private Investitionen z.B. für Miete, Strom, Lebenshaltung. Doch da bleibt der Koalitionsvertrag dünn. Immerhin soll der Mindestlohn auf 12 € hochgesetzt werden. Insgesamt wird die durch Inflation und den CO2 - Preis belastete Masse der Bevölkerung vor allem zur Kasse gebeten. Die neue Bundesregierung gleicht eine sogenannte „Wirtschaftlichkeitslücke“ über Klimaverträge aus, zahlt also die Mehrkosten der klimafreundlicheren Produktion im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren. Ebenso sollen Umstrukturierungsmaßnahmen z.B. bei der Braunkohle über das neue Qualifizierungsgeld, ähnlich dem Kurzarbeitergeld finanziert werden. Diese Umverteilungspolitik von Steuergeldern lehnen wir ab!

Während so der materielle Raum für das selbstbestimmte Leben von Millionen weiter eng bleibt, soll „mehr Raum für unternehmerisches Wagnis“ geschaffen werden um „Wachstum zu generieren“. Es ist dieses Wachstum, das Abfallberge, Vermüllung der Meere, Raubbau an der Natur als logische Konsequenz des Kapitalismus und seiner Wachstumsmaxime generiert. Stehen viele in der Umweltbewegung nicht seit Jahren für ein Ende dieses grenzenlosen Wachstums?

Besonders armselig ist der Kniefall vor der mächtigen Autoindustrie. An sie traut man sich erst gar nicht ran. Selbst das Tempolimit soll ausdrücklich nicht kommen. Ein Verbot des Verbrenners wird es auch nicht geben. Andreas Scheuer von der CSU hätte auch weiter Verkehrsminister bleiben können. Niemand hätte das bemerkt. Vorrang hat nach wie vor der Individualverkehr mit einem zukünftig höheren Anteil an Elektroautos. In einem zukunftsfähigen nachhaltigen Verkehrssystem muss der Individualverkehr drastisch reduziert werden zugunsten eines entgeltfreien attraktiven ÖPNV. Wir brauchen unterschiedliche intelligent verbundene Verkehrsmittel mit emissionsfreien Antrieben, überflüssige Transporte müssen vermieden und alle Materialien recycelt werden.

„Wenn wir es schaffen, gemeinsam die Dinge voranzutreiben, kann das ein ermutigendes Signal in die Gesellschaft hinein sein: dass Zusammenhalt und Fortschritt auch bei unterschiedlichen Sichtweisen gelingen können“, heißt es im Koalitionsvertrag. Aber es geht eben nicht nur um unterschiedliche Sichtweisen, sondern um grundverschiedene Interessen. Der Koalitionsvertrag knüpft an den Umweltschutz die Bedingung, dass er sich für die Unternehmen rechnet. Im Überlebensinteresse der Menschheit muss aber Umweltschutz vor Profit gehen. Unsere „Wertebasierte Politik“ orientiert sich an einer Gesellschaft, die vom dauernden Profitzwang befreit ist und in der der Mensch in Einklang mit der Natur lebt. Wir begrüßen es, dass im Koalitionsvertrag einzelne positive Reformen drin sind. Wir werden sehr darauf achten, dass diese auch tatsächlich umgesetzt werden.

Wir begnügen uns aber nicht damit. Wer wirklich ein Bündnis oder eine Organisation sucht, die für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit eintritt, der ist bei der Umweltgewerkschaft richtig. Unser Anspruch ist es, die Menschen von Religion bis Revolution zusammenzuschließen. Für 2€ Monatsbeitrag eine sinnvolle Investition, die Raum schafft für umweltpolitisches Handeln – für aktiven Widerstand. Wir werden noch zu einzelnen umweltpolitischen Themen des Koalitionsvertrags genauer Stellung nehmen.